Bauphysikalische Eigenschaften

 

 

 

Wärmeleitfähigkeit

Der Wert der Wärmeleitfähigkeit wird in W/(m K) angegeben. Je kleiner der Wert um so besser dämmt  der Baustoff. Der Wert wird im trockenen Zustand im Labor ermittelt, wobei die Probe horizontal eingebaut wird.

In Deutschland werden die Wärmeschutznachweise mit dem Bemessungswert der Wärmleitfähigkeit λ durchgeführt. Die europäischen Zulassungen weisen lediglich den Nennwert λD aus, der in Deutschland nicht verwendet werden darf. Die Verwaltungsvorschriften Technische Baubestimmungen schreiben vor, wie der Bemessungswert unter Berücksichtigung weiterer Zuschläge auf den Nennwert (Feuchtezuschlag und Sicherheitszuschlag) zu ermitteln ist.
Derzeit liegen in Deutschland die Bemessungswerte bei Zellulosedämmstoffen zwischen 0,039 und 0,042 W/(m K).

Der Tatsache, dass die Rohdichte Einfluss auf die Wärmeleitfähigkeit hat, wird in den Zulassungen auf zwei verschiedene Arten Rechnung getragen:
Entweder wird nur eine Wärmeleitfähigkeit über den zugelassenen Rohdichtebereich (je nach Produkt zwischen 25 bis 65 kg/m³) ausgewiesen. Dies ist erwartungsgemäß der Wert bei der höchsten Rohdichte, der dann für alle Dichten angesetzt werden muss.
Oder es werden unterschiedliche Werte für unterschiedliche Rohdichtebereiche angegeben.

Mit eingeblasener Zellulosedämmung können sogar Passivhäuser gedämmt werden. Die gute Wärmedämmung hilft Energie sparen und schafft durch warme Oberflächen eine hohe Behaglichkeit. Der fugendichte Einbau, der hohe Strömungswiderstand, die Speicherfähigkeit und der Einsatz in diffusionsoffenen Konstruktionen, die auch dank des feuchtedynamischen Zellulosedämmstoffes trocken bleiben, bewirken, dass die berechneten Werte mindestens eingehalten werden.

Sommerlicher Hitzeschutz

Die Eigenschaften niedrige Wärmeleitfähigkeit, hohe Rohdichte und hoher Strömungswiderstand werden bei Zellulosedämmstoffen im Hinblick auf den sommerlichen Hitzeschutz durch zwei weitere positive Eigenschaften ergänzt. Die spezifische Wärmekapazität c in J/(kg K) liegt bei Zellulosedämmstoffen in der Regel bei über 2000, während er für mineralische Dämmstoffe nur bei ca. 900 liegt. Je höher der Wert, um so mehr kann ein Baustoff pro kg Wärme speichern. Eine Materialeigenschaft, die nichts mit der Rohdichte zu tun hat, da sie für ein kg ermittelt und angegeben wird. Hinzu kommt der Effekt der Latentwärme. Zellulosedämmung enthält wie Holz eine gewisse Materialfeuchte. Beide sind hygroskopische Materialien, die ihre Materialfeuchte in Abhängigkeit von der Luftfeuchte und -temperatur verändern. Ein Teil dieser Feuchtigkeit führt bei sommerlicher Erwärmung zu Verdunstungskälte. Der Dämmstoff trocknet, nimmt später aber die Feuchtigkeit wieder auf, so dass es sich um einen reversiblen Vorgang handelt. In der Summe führen diese Produkteigenschaften im Sommer insbesondere in Dachgeschosswohnungen zu einer höheren Behaglichkeit, da der sommerliche Wärmeeintrag durch die nichttransparenten Dachflächen erheblich verzögert (Phasenverschiebung) und reduziert (Temperaturamplitudendämpfung) wird. So kommt bei zellulosegedämmten Dächern weniger Wärme zu einem späteren Zeitpunkt auf der Innenoberfläche an, so dass die nächtliche Abkühlung über Fensterlüftung genutzt werden kann und auch im Sommer Behaglichkeit im Dachgeschoss möglich ist.

 

Abb. 209 | Sommerlicher Hitzeschutz Abb. 209 | Sommerlicher Hitzeschutz

Unabhängig davon obliegt es den Bewohnern, auf die Verschattung von Dachflächenfenstern und großen Giebelverglasungen zu achten und durch nächtliche Querlüftung die erwärmte Dachkonstruktion wieder abkühlen zu lassen.

Brandschutz

In Deutschland unterscheidet man bei den Baustoffen die sogenannten Baustoffklassen der Baustoffe A1/A2, B1/B2/B3 und die Feuerwiderstandsklassen der Konstruktionen F 30/F 60/F 90 etc. Da mittlerweile die meisten Baustoffprüfungen, so auch im Brandschutz, europäisch genormt sind, spielen die europäischen Klassifizierungen ebenfalls eine Rolle, da ja auch die Klassifizierung europäisch durchgeführt wird. Bei den Konstruktionen, dem Feuerwiderstand, sprechen wir hier von z.B. REI 30, R 60, EI 90 etc.  Bei den Baustoffen unterscheidet man europäisch die Klassen A1/A2, B/C/D/E/F mit teils zahlreichen zusätzlichen Differenzierungen hinsichtlich Rauchentwicklung und/oder brennendem Abtropfen/Abfallen. Da die erwähnte MVV TB, die Musterbauordnung und sämtliche Landesbau- und Sonderverordnungen noch mit den alten deutschen Klassen arbeiten, erfolgt die Zuordnungen der deutschen zu den europäischen Klassifizierungen wie in der nachfolgenden Tabelle gemäß der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen MVV TB [72] (vormals Bauregelliste Teil A) dargestellt:
 

Abb. 210 | Bauaufsichtliche Anforderungen und Zuordnung der europäischen Klassen Abb. 210 | Bauaufsichtliche Anforderungen und Zuordnung der europäischen Klassen

In den geltenden europäischen Zulassungen bzw. ETA´s werden Zellulosedämmstoffe in der Regel als Baustoffe der Euroklasse B-s2, d0 klassifiziert. Dies entspricht formal über die o. a. Tabelle einem deutschen schwerentflammbaren Baustoff. Die MVV TB fordert für nichtbrennbare und schwerentflammbare Baustoffe jedoch zusätzlich den Nachweis des Schwel- und Glimmverhaltens. Da diese Prüfung mit Zellulosedämmstoffen mit ökologisch akzeptablen Brandschutzmitteln nicht bestanden werden kann, bleibt es bei der Einstufung Euroklasse E, entsprechend B2 (normalentflammbar) nach DIN 4102-1 [73].
Mit dieser Klassifizierung können Zellulosedämmstoffe in allen Bauteilen von Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3 eingesetzt werden. Weiterhin ist unter bestimmten Bedingungen der Einsatz in höheren Gebäudeklassen in Dächern und auf obersten Geschossdecken sowie in nichttragenden Außenwandelementen möglich.

Für viele Bereiche, wo Feuerwiderstandsklassen gefordert werden, verfügen die Mitgliedsfirmen über entsprechende Nachweise geprüfter oder begutachteter Konstruktionen bis F 90-B.

Bauteile werden in Brandprüfständen unter Beanspruchung mit einer bestimmten, stetig über die Zeit steigenden, Temperatur (Einheitstemperaturzeitkurve) auf Ihren Feuerwiderstand geprüft. F 90-B bedeutet, dass dieses Bauteil dieser Brandbeanspruchung über 90 Minuten standgehalten hat, das B bedeutet, dass alle Baustoffe aus brennbaren Materialien bestehen dürfen.

Die Brandschutzanforderungen an Baustoffe und Bauteile stellen die Landesbauordnungen oder Sonderverordnungen. Diese variieren in Ihren Anforderungen, so dass immer zu prüfen ist, welche Bauteile und Baustoffe zum Einsatz kommen können.

Offizielle Verwendbarkeitsnachweis im Brandschutz sind Normkonstruktionen nach DIN 4102-4 [74], allgemeine bauaufsichtliche Prüfzeugnisse oder Bauartzulassungen der Hersteller oder die Zustimmung im Einzelfall, die in der Regel auf einer Prüferfahrung oder gutachterlichen Stellungnahme eines Sachverständigen basieren.

Unter Brandbeanspruchung verhält sich Zellulosedämmstoff ähnlich wie das ebenfalls normalentflammbare Massivholz – er schützt sich und andere Materialien im Bauteilquerschnitt mit seiner Verkohlungsschicht selbst und kann so den Feuerwiderstand einer Konstruktion aktiv verlängern.
 

Abb. 211 | Verkohlung unter Beflammung Abb. 211 | Verkohlung unter Beflammung

Schutz durch Verkohlung, Kühlung durch Verdunstung der Materialfeuchte und der Brandschutzadditive, hohe Wärmespeicherung und Reduzierung der Sauerstoffzufuhr (die hohe Rohdichte verlangsamt die Sauerstoffzufuhr im Bauteil und verlangsamt so die Abbrandgeschwindigkeit) ergeben in der Summe ein sicheres Brandverhalten.
 

Abb. 212 | Brandschutz mit Zellulosedämmstoffen im Holzbau Abb. 212 | Brandschutz mit Zellulosedämmstoffen im Holzbau

Schallschutz

Die Anforderungen an den Schutz gegen Luft- und Trittschallübertragung sind in der DIN 4109-1 [75] ausgewiesen. Die Luftschallübertragung bezeichnet die Übertragung von Geräuschen über die Luft auf die raumbegrenzenden Bauteile und über diese die Weitergabe des Schalls an die Nachbarräume. Mit dem Begriff Trittschallübertragung wird die Weitergabe von Schwingungen des Fußbodens in die benachbarten Räume bezeichnet, die durch das Begehen ausgelöst werden. Luft- und Trittschallübertragung sind bauteilbezogene Größen in dB, die durch die Baustoffe und die Bauart beeinflusst werden. Ein hohes Luftschalldämm-Maß R’w bzw. ein niedriger Normtrittschallpegel L’n,w stehen dabei für eine geringere Schallübertragung, bzw. niedrige Schallpegel im Empfangsraum.
 



 

Abb. 213 | Typische Schallpegel Abb. 213 | Typische Schallpegel

Einfluss auf den dämmstoffbezogenen Anteil zum Schallschutz haben bei Dämmstoffen vor allem der hohe Strömungswiderstand durch die hohe Rohdichte, und die Passgenauigkeit bzw. Fugenfreiheit im Gefach, welche bei Zellulosedämmstoffen  durch das Einblasverfahren optimal ausgeprägt sind. Der Strömungswiderstand beschreibt den Widerstand, den die Dämmung einer Luftdruckwelle entgegen bringt. Die Luftschallwelle wird also absorbiert, die Schallenergie durch Reibung an den Fasern in Wärmeenergie umgewandelt, so dass auf der Empfangsseite weniger ankommt. Leichte, aber intelligent entkoppelte Holzbaukonstruktionen können hohe Schalldämmwerte aufweisen, die mit denen des Massivbaus vergleichbar sind.
 

Abb 214 | Prüfreihe zur Luftschalldämmung von Dachkonstruktionen (Auszug) Abb 214 | Prüfreihe zur Luftschalldämmung von Dachkonstruktionen (Auszug)

Zusatznutzen: Der hohe Strömungswiderstand wirkt sich nicht nur im Schallschutz positiv aus. In Verbindung mit der durch das Einblasverfahren bedingten Fugendichtigkeit erhöht er die Luftdichtigkeit der Gesamtkonstruktion. Keine Konstruktion ist absolut luftdicht und wo Menschen arbeiten passieren Fehler. Eingeblasene Zellulosedämmstoffe können die Auswirkungen von Undichtigkeiten in der Luftdichheitsebene (höherer Energieverbrauch, Zuglufterscheinungen und Feuchteschäden) mindern, und leisten einen echten Beitrag zur Luftdichtigkeit der Konstruktion.

Feuchteschutz

Hygroskopisches Verhalten, wie z.B. bei Holz, Holzwerkstoffen oder Zellulosedämmung, bedeutet, in Abhängigkeit des Umgebungsklimas eine bestimmte Materialfeuchte aufzuweisen. In Innenräumen mit Kontakt zur Raumluft weisen diese Baustoffe im Winter Materialfeuchten zwischen 8 und 10 Masse-% auf. Wird die Raumluft feuchter (durch Feuchteproduktion und/oder schlechte Lüftung) nehmen hygroskopische Baustoffe Feuchtigkeit auf und verhindern so große Schwankungen in der Raumluftfeuchte. Die Materialfeuchte steigt in diesen Phasen in unbedenklichen Größenordnungen an. Sie sinkt jedoch auch mit der Raumluftfeuchte wieder, wenn diese durch z.B. Lüftung gesenkt wird. Dies geschieht auch innerhalb des Bauteils mit der eindiffundierenden (z.B. im Winter) bzw. ausdiffundierenden Feuchtigkeit (Austrocknung im Sommer).

Dieses Pufferverhalten entlastet konstruktive Holzbauteile und potentielle Tauwasserebenen. Im Querschnitt wird Feuchtigkeit aufgenommen, die für ein Kondensieren im kalten Außenbereich nicht mehr zur Verfügung steht. Verstärkt wird dieser Vorteil durch die Kapillarfähigkeit im überhygroskopischen Bereich. Sollte Flüssigwasseranfall auftreten wird diese Feuchtigkeit aufgesaugt und in benachbarte Bereiche transportiert. Dieses Verhalten entlastet daher Ebenen die flüssigwasserbelastet sind und sorgt für eine schnellere Austrocknung, welche durch die Diffusionsoffenheit der Zellulosedämmstoffe ebenfalls forciert wird. Der Diffusionswiderstand µ liegt bei 1 bis 3 und ist somit vergleichbar mit anderen Faserdämmstoffen oder Luft.

Daher stellen diese Effekte keine schädliche Feuchteempfindlichkeit dar, sondern sind von Vorteil im Hinblick auf die Reduzierung oder gar Verhinderung von Bauschäden.
Die zulässige Feuchteaufnahme ist in den Zulassungen der Zellulosedämmstoffe ebenso definiert wie der Test auf Schimmelunempfindlichkeit. Zellulosedämmstoffe dürfen unter vorgegebenen Bedingungen nicht schimmeln, und erhöhen somit die Sicherheit von Holzbaukonstruktionen.
Die alte bauphysikalische Regel „innen immer dichter als außen“ hat sich in den letzten Jahren gewandelt in „außen so offen wie möglich, innen so dicht wie nötig“.
In Verbindung mit Dampfbremsen, die Ihren Diffusionswiderstand intelligent anpassen (feuchtevariabel), sind daher mit Zellulosedämmstoffen feuchtetechnisch besonders robuste Konstruktionen möglich. Die feuchtevariable Dampfbremse lässt im Winter wenig eindiffundieren, der Zellulosedämmstoff reduziert konvektive Übertragung von Feuchte und Wärme, puffert Feuchtigkeit, entlastet die Holzkonstruktion und durch die Diffusionsoffenheit und das variable Verhalten der Dampfbremse kann die eindiffundierte Feuchtigkeit und darüber hinaus ggf. eingedrungene außerplanmäßige Befeuchtungen (Konvektion) wieder austrocknen.

Bildnachweis für den Abschnitt BAUPHYSIKALISCHE EIGENSCHAFTEN

Dipl.-Ing. F. Förster
Abb. 209, 210 (nach MVV TB), 213

ISOCELL GmbH
Abb. 211, 212

ita Ingenieurgesellschaft für technische Akustik mbH
Abb. 214

Climacell
Abb. 242 (Menüpunkt "Eigenschaften")

Literaturnachweis für den Abschnitt BAUPHYSIKALISCHE EIGENSCHAFTEN

[72] Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB), Ausgabe August 2017, Anhang 4, Tabelle 1.3.1
[73] DIN 4102-1:1998-05  Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen - Teil 1: Baustoffe; Begriffe, Anforderungen und Prüfungen
[74] DIN 4102-4:2016-05  Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen - Teil 4: Zusammenstellung und Anwendung klassifizierter Baustoffe, Bauteile und Sonderbauteile
[75] DIN 4109-1:2018-01  Schallschutz im Hochbau - Teil 1: Mindestanforderungen